Zerstreute Aura

Das Bewusstsein kann Informationen über die Außenwelt nur durch sensorische Systeme gewinnen. Synästhesie ist ein gutes Beispiel dafür, wie die cross-modale Integration von zwei oder mehr Sinnesmodalitäten im Gehirn stattfinden kann. In den Experimenten von „Dispersed Aura“ wird erforscht, wie immersive Umgebungen und verkettete Interaktionen synästhetische Erfahrungen bei Menschen hervorrufen können, die sie sonst nicht erleben würden. Untersucht wird auch, wie solche seltenen kognitiven Prozesse mit digitalen Werkzeugen zum Ausdruck gebracht werden können. Durch die technischen und medialen Bedingungen der digitalen Interaktion ist es möglich, Ausgaben direkt und unmittelbar von einem sensorischen Bereich in einen anderen zu übertragen. Diese Informationen werden durch Bedeutungen eingerahmt, die den Kern unserer sensorischen Erfahrung bilden. Die geschaffenen Experimente sind von der Synästhesie inspiriert und ermöglichen die Erforschung unserer selbst über Zeit und Raum hinweg.

artikel.drei

Das Sichtbarwerden der Menstruation – und allein das Sprechen darüber –, sind oft mit Scham behaftet. Darüber aufzuklären ist schwierig und in der öffentlichen sanitären Infrastruktur finden menstruale Bedürfnisse kaum Beachtung. Das kostenlose Bereitstellen von sanitären Verbrauchsgütern ist verpflichtend, auf Menstruationsartikel trifft dies jedoch nicht zu. Körperflüssigkeiten erfahren somit von staatlicher Seite noch keine Gleichstellung in Deutschland. 

Das Projekt „artikel.drei“ erinnert an das Versprechen des Grundgesetzes und zeigt eine neue Normalität im Umgang mit der Menstruation auf. Das Konzept adressiert drei wesentliche Aspekte für eine menstruationsfreundliche bzw. gerechte Gesellschaft: 

1. Infrastruktur: Die Sichtbarkeit und Berücksichtigung menstrualer Bedürfnisse. 

2. Aufklärung: Werbefreies und wissenschaftlich fundiertes Wissen. 

3. Nachhaltigkeit: Kostenloser Zugang zu Mehrweg-Periodenprodukten.

Nenu

Indem sie alte Geschlechterrollen aufrechterhalten und die Bedürfnisse von Familien mit kleinen Kindern weitgehend ignorieren, befinden sich öffentliche Wickeltische hauptsächlich in Damentoiletten und weisen Mängel in Bezug auf Hygiene, Ergonomie und Sicherheit auf. „Nenu“ – ein modernes Konzept für eine Wickelstation – fördert einen kinderfreundlichen Ansatz bei der Gestaltung öffentlicher Infrastrukturen, um die Erfahrungen von Familien bei Ausflügen zu verbessern. 

Die Station ist im halb-öffentlichen Raum zugänglich. Sie verfügt nicht nur über eine in der Höhe verstellbare und geräumige Wickelfläche, sondern auch über einen Sichtschutz für diesen intimen Moment. Eine verspieltere Anmutung und optimierte Produktstruktur bieten Komfort für Eltern und Kind und ermöglichen eine einfache Integration an einer Vielzahl von Orten. Vermehrte und sensibel gestaltete Wickelmöglichkeiten sind ein wichtiger Schritt hin zu kinderfreundlichen Städten und damit auch zu einer lebendigen und vielfältigen Gemeinschaft.

Be My Guest – or Would You Like to be the Host?

Die kuratierte Infrastruktur brachte im März 2023 nach dem Prinzip der Einladung Kompliz*innen, Freund*innen, Denker*innen und Gestalter*innen zu Workshops, Talks, Abendessen, Diskursen, Kollaborationen und Gemeinschaftlichkeit in der spce Galerie der Hochschule zusammen. Gastfreundschaft ist, bei all ihrer Generosität, ein komplexes Konzept. Häufig auf Geselligkeit oder Gegenseitigkeit reduziert, scheint sie zunächst grundsätzlich positiv konnotiert zu sein. Auf der Suche nach einer räumlichen Gestalt von Gastfreundschaft wurden die Potenziale des Gastgebens und ihre Relevanz für das Kuratorische untersucht. Dabei bildeten populäre Elemente einer auf Hospitalität beruhenden Situation die Grundlage der Auseinandersetzung: der Tisch, die Gabe und die Einladung. Anstatt die gängige Präsentationsform von Ausstellungen in den Vordergrund zu stellen, geht „Be my guest“ situativ der Frage nach, welche Bedingungen und Möglichkeiten es braucht, um Gastgeber*in sein zu können.

EDEN

Zukunftsfähige Städte müssen mehr grüne, offene Räume haben. Neben weiteren Faktoren macht die Entwicklung solcher Räume eine Stadt zu einem attraktiven Lebensraum für Wildtiere.

„Eden“ ist eine Monitoring-Station, die Wildtiere im urbanen Kontext erfasst. Ein „Camera Array“ aktiviert sich, sobald Tiere vorbeigehen, erfasst und sammelt genaue Informationen über die Individuen, die Art und ihre Verhaltensmuster. Die KI erkennt und erfasst nur vorprogrammierte Tiersilhouetten. Die Daten werden auf den Server des „Urban Wildlife Registry“ (eine klare Zuständigkeit für Wildtiere im urbanen Kontext) hochgeladen und für Gestaltungsprozesse urbaner Räume, für Forschungszwecke und andere gemeinnützige Verwendungsbereiche der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. 

Die Station bietet außerdem eine Nist-Möglichkeit für Wildbienen. Im unteren Bereich befinden sich Informationen, die Menschen dazu einladen, sich mithilfe einer App zu beteiligen und zu lernen, wie man sich gegenüber Wildtieren im urbanen Raum verhalten soll.

Nevo

Die Hitzewelle im Jahr 2018 hat in Deutschland mehr als doppelt so viele Todesopfer gefordert wie Verkehrsunfälle. „Nevo“ ist eine Infrastruktur-Schnittstelle, die Wasser zur Verfügung stellt, damit Menschen bei Hitzewellen mit Trinkwasser versorgt werden und sich erfrischen können. Nevo wird über einen Hydranten an das lokale Wasserversorgungsnetz angeschlossen, wodurch flexibel alle 150m Meter Erfischungsangebote im Stadtraum geschaffen werden können. Die Energieversorgung ist dank Solarfolie autark. 

Tritt feiner Wassernebel auf die erhitzte Haut, entsteht Verdunstungskühlung. Dies bewirkt, dass der Kühleffekt auf der Haut anhält und die Menschen bei unzumutbaren Temperaturen abgekühlt werden. Ab Temperaturen von 30 Grad Celsius senkt Nevo die Umgebungstemperatur mit automatischen Sprühstößen im Drei-Minuten-Takt. Das Restwasser wird gesammelt und zur Bewässerung des umliegenden Stadtgrüns abgeführt. Dank Sprühnebelduschen können wir in überhitzten Städten weiterhin unbeschwert leben.

Pelikan

Norddeutschland ist bekannt für das Meer und windige Tage. Mit der Form der Straßenlaterne sollte man den Norden bzw. das Meer assoziieren. Darüber hinaus verursacht die Leuchte durch ihre spezielle Form nur wenig Lichtverschmutzung. Der Name „Pelikan“ kam durch das äußere Erscheinungsbild der Laterne und die thematische Nähe zur Küste zustande.

Gegeneinander laufendn Windturbinen fangen Wind aus verschiedenen Richtungen und in unterschiedlicher Stärke auf und laden so den integrierten Akku auf, der die Laterne in der Dunkelheit mit Strom versorgt. Um die Effizienz zu steigern, sind die Turbinen freistehend direkt am Mast angebracht, um negative Strömungseinflüsse durch ein Gehäuse zu verhindern.

Rain Bricks

„Rain Bricks“ sind Bauelemente zur Be- und Entwässerung von Fassaden, die Interaktionspotenzial zwischen Verbraucher*innen und Regenwasser erzeugen. Als individualisierbares System ermöglichen sie eine Anpassung an lokale Gegebenheiten zur Sammlung und Leitung von Regenwasser. Der Entwurf entspricht dem Konzept der „Schwammstadt“: Das Regenwasser wird abgebremst, dezentral gespeichert und kann später über offenporigen Ton verdunsten. Auf diese Weise können Tiere, Pflanzen und Menschen einen Nutzen aus der zugänglich gemachten Ressource ziehen, etwa zur Begrünung, um die Biodiversität zu erhöhen oder den häuslichen Wassergebrauch zu senken. 

Der Prozess beinhaltete das Bauen eines eigenen Extruders aus lokalen Ressourcen (Metallschrott), sowie dem Nutzen lokal vorhandenen Tons. Heutige Ziegel sind meist hoch industrialisierte und professionalisierte Güter. Das Projekt zeigt einen offenen Design-Approach sowie die Herstellungsweise in der Kombination von Handwerk und global zugänglichen Ressourcen (Material, Wissen).

Resource Bins

In unserer heutigen Konsumgesellschaft sind wir ständig von Ressourcen umgeben, die durch die Infrastruktur unseres Müllsystems auf hocheffiziente Weise aus unserem Einflussbereich herausbefördert werden, um entweder vernichtet oder in minderwertigere Stoffe umgewandelt werden. Durch einen solchen Umgang mit Materialien haben wir uns daran gewöhnt, die Verantwortung für unsere Reststoffe anderen zu überlassen und in diesem keinerlei Wert zu erkennen. 

Die „Resource Bins“ stellen einen Gegenentwurf zu dieser Haltung dar. Durch sie soll ein direkter Stoffstrom zwischen den Haushalten, in denen die Altstoffe anfallen, und Unternehmen, in denen diese Stoffe und Materialien zu neuen Produkten weiterverarbeitet werden können, etabliert werden.

TIBO

„TIBO“ ist ein speziell designter Tiertransporter mit modularem Aufbau, der sich den Gewohnheiten ihres Tieres anpasst, und einer doppelten Schalldämmung, die den Komfort beim Transport erhöht. Der eigens konstruierte Futtertrog ermöglicht nicht nur den einfachen Zugang zu Futter und Wasser von außen, sondern dient auch als Eingangs- und Ausgangstür.

Die gesamte Transportbox ist halb geschlossen, um die Sicherheit zu erhöhen. Durch die zusätzlich eingebaute Kamera und die Beleuchtung können die Besitzer*innen ihre Haustiere jederzeit im Auge behalten und die Reise mit ihren Tieren sorgenfrei genießen.