Metastabil – Der Zerfall, temporäre Strukturen und ihr Potential

Andreas Wagner

Januar / January - 2019

Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

Kurzbeschreibung

Die Objektreihe “Metastabil” besteht aus temporär-stabilen Objekten. Die Arbeit zeigt das Potential einer Metastabilität und betrachtet die negativ belegte Instabilität in Konstruktionen aus einer neuen Perspektive. Die Objekte behandeln die Themenbereiche “gestaltete Partikel”, “natürliche Aggregate”, “Sollbruchstellen”, “Reset-Buttons” und “Minimalinvasiv”. Jeder Gestaltungsansatz wird in einem Kapitel der schriftliche Arbeit tiefer untersucht.

Was ist das Thema?

Eine metastabile Gestaltung, der die Möglichkeit des Zerfalls gestalteter Dinge zugrunde liegt, schlägt zukunfts(un)fähige Optionen vor, wie wir anthropozänen Fragestellungen auf materieller Ebene begegnen können. Sie hinterfragt die konventionelle Einteilung in stabile und instabile Strukturen und zeigt welches Potential im Umgang mit dieser Gegensätzlichkeit steckt. Sie versucht der Anhäufung von Dingen, die uns früher oder später im Weg stehen, entgegenzuwirken. Durch kleinstmögliche Eingriffe in unterschiedliche Verbindungsstrukturen, zerfallen die gezeigten Objekte in die Teile, aus denen sie bestehen.

Warum sieht es so aus?

Alle Objekte bestehen aus sich wiederholenden Elementen. Die Geometrie der Einzelelemente ermöglicht, je Objekt, verschiedene Arten von Stabilität. Die Gesamterscheinung eines Objektes ist nur bis zu einem gewissen Grad steuerbar, da die exakte Anordnung der Elemente zufällig entsteht. Unter verschiedenen Einflüssen, wie Gravitation oder Interaktion mit den Objekten, verändern sich die Formationen. Der schmale Grat zwischen Stabilität und Instabilität ist manchen Objekten mehr, anderen weniger, anzusehen.

Was ist das Besondere?

Die unterschiedlichen reversiblen Verbindungen zwischen den Einzelelementen verleihen den Objekten ein selbstorganisierendes Potential. Dieses “Eigenleben” der gestalteten Objekte zeigt, wie Gestaltungskonzepte der “Zerlegbarkeit” und “Reparierbarkeit” überflüssig werden, wenn eine Metastabilität den Umgang mit Produkten verändert. Eine metastabile Gestaltung verschiebt den Schwerpunkt der Konstruktion von Objekten hin zu einer gleichberechtigten Dekonstruktion.

So zerfällt Objekt01 über mehrere Stunden hinweg, weil sich die Verhakungen der “Gestalteten Partikel” durch die Schwerkraft lösen.

Objekt02 ist vorerst stabil und kann in einer Richtung belastet werden, da die einzelnen Elemente durch einen gezielten Hammerschlag verschweißt werden. Belastet man es aber senkrecht zur Schweißrichtung, brechen die Elemente an den “Sollbruchstellen” auseinander.

Im Objekt03 werden “Natürliche Aggregate” reversibel in Membranen gebunden und sind dadurch flexibel positionier- bzw. verformbar.

In Objekt04 und 05 sind einzelne Elemente so verbunden, dass sie durch “Minimalinvasive” Eingriffe auseinanderfallen. Allen Objekten ist der “Resetbutton” immanent, da jedes Objekt nach seinem Zerfall erneut hergestellt werden kann.

Was ist neu?

Recycling, Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft sind wiederkehrende Begriffe im Zeitalter des Anthropozäns. Anstatt Materialien biologisch abbaubar oder Produkte recyclefähig zu gestalten, zerfallen die gezeigten Objekte ohne große äußere Eingriffe und bleiben auf materieller Ebene so erhalten, dass wieder ein neues Objekt herstellbar ist. Eine aufwendige Dekonstruktion, sowie eine aufwendige Wiederaufbereitung der Rohstoffe bzw. Einzelelemente entfällt.