Gestalterischer Ungehorsam

Mit dem Begriff des Gestalterischen Ungehorsams wird der Versuch unternommen, einen radikalen Korrekturmechanismus zu entwerfen. Dieser hat die Möglichkeit, außerhalb der Gestaltungs-, Gesellschafts- oder Rechtsnorm zu agieren. In Anlehnung an Henry David Thoreau möchte ich anmerken, dass Gestalter*innen etwas tun müssen, aber nicht alles. Und da sie schon nicht alles tun können, sollten sie nicht ausgerechnet etwas Unrechtes tun. Hiermit möchte ich Gestalter*innen ermutigen, wachsam auf Fehler und Unrecht hinzuweisen. Ist ein Designprozess, -auftrag oder -praxis so beschaffen, dass es dich braucht, um einem anderen Unrecht zuzufügen, so sage ich: Brich damit!

„Doch Widerstand und Missachtung sind illegal. Darin liegt die Erlösung des Menschen. Alles illegale erfordert Integrität, Eigenständigkeit und Mut. Kurz, es bedarf freier unabhängiger Geister, Menschen, die ein Rückgrat haben, das sich nicht brechen lässt.“ (Goldman 1910)

I’ll pass, thank you.

Ausgehend von andauernden Erfahrungen mit Anfeindungen vor allem im öffentlichen Raum aufgrund vermeintlicher Abweichung eines Bildes von Männlichkeit, zielt „I‘ll pass, thank you.“ darauf ab, die Konstruiertheit und Ambivalenz geschlechtsspezifischer Bekleidung zu offenbaren. Durch subtile Eingriffe in bekannte Silhouetten und Bekleidungsstereotypen wird die geschlechtsspezifische Lesbarkeit herausgefordert und vielmehr die Attraktivität dieser hybriden Undeutlichkeit unterstrichen. Die Kollektion verführt mit ihrer vertrauten Anmut, um so latent Sehgewohnheiten und Geschlechterrollen zu unterwandern, indem sich die bekannten Kleidungsstücke erst auf den zweiten Blick und in ihren Details als subversiv erkennbar machen. Stark inspiriert vom sozialen Phänomen des Passing, werden Kommerzialität und Begehrlichkeit als Mittel gesehen, um ein möglichst breites Publikum zu erreichen und gleichzeitig die Vorstellungen von Männlichkeit und Femininität aufzubrechen und zu verbreiten.

fadenscheinig

„fadenscheinig“ ist eine Untersuchung der paradoxen Beziehungen zwischen den Nutzungsspuren in unserer Kleidung und ihrem gesellschaftlich zugeschriebenen Wert. Im Kontext der Umwelt- und Klimaauswirkungen frage ich mich, warum diese Spuren oft abgewertet werden, wenn Wertschätzung für Kleidung doch so relevant ist. Können wir uns von den konventionellen Konsummustern und gesellschaftlichen Bewertungen lösen, um eine allgemein anerkannte Ästhetik des Alterns zu etablieren?

Ein Phänomen textilen Alterns wird exemplarisch durch eine Sammlung von Gewebeproben, dem “Archiv der Fadenscheinigkeit“ erforscht und seine Einheiten isoliert. In großen Jacquardgeweben inszeniert, werden sie in eine “Ästhetik des Alterns“ übersetzt, die als Grundlage für tiefgründige Diskussionen über unsere Werte und unseren Umgang mit Kleidung dient. Diese Arbeit öffnet einen Raum, um den ästhetischen Reichtum unseres alltäglichen Umgangs mit Textilien neu zu entdecken und nachhaltiger zu gestalten.

About Slag

Circa sieben Millionen Tonnen Hochofenschlacke fallen als mineralisches Sekundärprodukt bei der Metallherstellung jährlich in Deutschland an. Bisher kommt der Großteil davon als Füllstoff in linearen Anwendungen der Bauindustrie zum Einsatz.

About Slag präsentiert verschiedene Objekte, die alternative und zirkuläre Nutzungsmöglichkeiten von Schlacke zeigen, indem das komplexe Material zur Herstellung einer Glasmasse genutzt und diese anschließend in unterschiedlichen Prozessen verarbeitet wurde. Dieser Schritt transformiert die Schlacke nicht nur in einen gestalterisch kontrollierbaren und kreislauffähigen Zustand, sondern substituiert auch wertvolle Chemikalien und spart Energie bei der Glasherstellung. Durch den engen Austausch mit Ingenieur*innen und Handwerker*innen kam ein Dialog zwischen Industrie und Handwerk zustande. Die Ergebnisse lassen auf eine Skalierbarkeit der getesteten Prozesse schließen und zeigen auf, dass Schlacke als Glasbestandteil eine ressourcenschonende Alternative ist.

modu

„modu“ ist ein Konzept für ein modulares Bluetooth-Lautsprechersystem, das die Bedürfnisse einer mobilen und designorientierten Zielgruppe aufgreift. Es ermöglicht ein ästhetisches und klanglich hochwertigeres Hörerlebnis und wird als Teil einer Produktserie betrachtet, das die Musik je nach Situation optimal wiedergibt. Das System besteht aus vier Modulen: zwei Satelliten, einem Center und einem Subwoofer. Diese ermöglichen eine flexible Anpassung an verschiedene Anwendungsszenarien. Egal, ob für Partys oder spontane Abenteuer, „modu“ passt sich unterschiedlichen Bedürfnissen an. Die Steuerungselemente befinden sich am Centermodul, eine App ermöglicht die Konfiguration und das Koppeln der Module. Sie lassen sich übereinander oder nebeneinander stapeln und sind durch Magnete in den Kontaktflächen gesichert. Austauschbare Textilabdeckcover bieten die Möglichkeit, das System individuell zu gestalten. Die einzelnen Module sollen sich, wenn man sie stapelt, untereinander mit Strom versorgen.

Hit the Wheels

Form follows function war gestern, heute heißt es form follows Müll. „Hit the Wheels“ beschäftigt sich mit dem Upcycling von Radkappen. Mein Ziel war es möglichst wenig neue Materialien zu verwenden, auf chemische Produkte zu verzichten und Müll als wertvolle Ressource sichtbar zu machen. Die auf der Straße gesammelten Radkappen habe ich thermisch verformt. Danach wurde die Oberfläche mit natürlichen Farbstoffen, gewonnen aus Blauholz, Krappwurzel, Annattosamen und schwarzen Malvenblüten, veredelt. Entweder wurden die Radkappen direkt in den Farbsud eingetaucht oder Lyocellfasern gefärbt und sie damit beklebt. Eine Radkappe wurde prachtvoll vergoldet. Mehrere Radkappen werden mit bereits vorhandenen Stahldrähten und Drahtseilklemmen in eine notwendige Stabilität gebracht. Der Designprozess beim Upcycling-Entwurf liegt in der Beschäftigung mit dem Material. Die Form kommt aus dem Material, die Funktion entwickelt sich als letzte Komponente. Es entstehen Kleinmöbel und Skulpturen.

LABORA

Leder ist ein Naturprodukt, das für seine Eleganz, Langlebigkeit und Vielseitigkeit bekannt ist. Allerdings hat sich durch chemische Gerbverfahren die Lederherstellung zu einem problematischen Prozess für Mensch und Umwelt entwickelt. Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit den negativen Auswirkungen, die daraus resultieren. Sie sammelt, kategorisiert und vergleicht zunächst zukunftsorientierte Verbesserungsmöglichkeiten für den Gerbprozess sowie alternative Materialien. In Kooperation mit der Revoltech GmbH konnte daraufhin der Entwurf einer Tasche aus einem Prototyp der innovativen und kreislauffähigen Lederalternative „LOVR“ realisiert werden. Der Schwerpunkt der Gestaltung lag dabei darauf, die optische Wirkung dieses neuartigen Materials anhand eines typischen Lederproduktes, der Aktentasche, zu veranschaulichen und dadurch „LOVR“ als neuen Werkstoff zu etablieren. „LABORA“ bietet einen möglichen Ausblick auf eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung durch Materialforschung.

Der Tod des Modearchetypen

Die Abschlussarbeit „Der Tod des Modearchetyps“ ist eine kritische Analyse der Rolle des idealisierten Körpers in der Modeindustrie – des sehr schlanken, weißen Cis-Körpers ohne Behinderung. Ein wissenschaftlich fundiertes Handbook für Modedesigner*innen und eine auf diesem Handbook aufbauende Kollektion sollen zeigen, wie inklusives Design und Schnittgestaltung funktionieren können. Das Handbook ruft dazu auf, erlernte Denk- und Arbeitsweisen zu hinterfragen, um allen Menschen, unabhängig von ihrer Körperform, Zugang zu Mode zu ermöglichen. Dies auf breiter Basis zu ändern, würde nicht nur soziale Vorteile mit sich bringen, sondern auch unserer Umwelt helfen. Durch Mode, die für jede Körperform entworfen wird und deren Bedürfnisse berücksichtigt, würde es viel weniger Fehlkäufe und Rücksendungen bei Online-Bestellungen geben. Die Bedürfnisse der einzelnen Körper werden bei der Herstellung der Kollektion durch die Einbeziehung von Models in den Designprozess ermittelt.

ManyWays

Angesichts des raschen globalen Wandels entscheiden sich immer mehr Menschen für einen flexiblen Lebensstil. Im Jahr 2023 wird es weltweit schätzungsweise 35 Millionen digitale Nomaden geben, die oft 2 bis 6 Monate an einem Ort bleiben. „ManyWays“ bietet ihnen ein modulares Rucksacksystem, das als 10-Liter- oder 24-Liter-Rucksack oder als drei separate Taschen – Laptop-Rucksack, Business-Handtasche und wandelbare Umhängetasche – an die unterschiedlichen Bedürfnisse auf Reisen angepasst werden kann. Das System bietet ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lebensqualität und Flexibilität auf Reisen und verfügt über zwei Laptop-Fächer, die den individuellen Bedürfnissen der Nutzer gerecht werden. Das 2D-Design ermöglicht ein flaches Packen, wodurch der Platz im Gepäck optimiert und der Kunststoffverbrauch durch den Wegfall von Ersatzbeuteln reduziert wird. Die quadratischen Schnittmuster maximieren die Materialausnutzung und minimieren den Abfall. Die multifunktionale 3D-gedruckte Schnalle reduziert den Bedarf an verschiedenen Schnallen, rationalisiert die Produktion und verbessert das elegante Aussehen. „ManyWays“ zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit aus.

Bacìo – mobile espresso maker

Bacìo ist eine kompakte und praktische Espressomaschine, die speziell für Reisende entwickelt wurde, die auch unterwegs keine Kompromisse bei der Qualität ihres Espressos eingehen möchten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Espressomaschinen ist Bacìo deutlich kleiner und kompakter. Die batteriebetriebene Bacìo erhitzt das Wasser auf 179 Grad Celsius und erzeugt einen Druck von 9 bar für eine optimale Espresso-Extraktion. Die Bedienung der Bacìo ist einfach: Das Wasser wird von unten durch das Kaffeemehl gepresst und der fertige Espresso direkt in die Tasse ausgegeben. Die Tasse hat einen praktischen Verschluss, der gleichzeitig als Henkel dient. Man kann die Tasse abnehmen und mitnehmen oder sie als Kanne verwenden, um den Espresso einzugießen. Am Griff der Bacìo sind ein Stampfer und ein Filter magnetisch befestigt, um den Kaffee zu verdichten und gleichmäßig im Siebträger zu verteilen. Am Griff des Siebträgers befindet sich außerdem ein WDT-Werkzeug zur optimalen Verteilung des Kaffeepulvers. Auch dieser Griff kann in drei verschiedene Richtungen geklickt werden