metis

Michelle Gerullis bei Prof. Detlef Rhein (Entwurf) und Prof. Dr. Annika Frye (Theorie)

Oktober / October - 2018

Muthesius Kunsthochschule Kiel

Kurzbeschreibung

metis ist ein Artefakt um der individuellen ökologischen Beeinflussung eine physische Repräsentationsform zu verleihen. Hierfür werden relevante Informationen getrackt, dargestellt sowie als zum jeweiligen Menschen zugehörig verstanden. metis erschafft dadurch neuartige Bezüge, bildet bisher verborgene Wechselwirkungen ab, erkennt den Menschen als Teil des Ökosystems und erweitert das Menschenbild damit unendlich.

Was ist das Thema?

Basis des Projekts bildet das Selbstverständnis des modernen Menschen - dieser versteht sich selbst als Individuum, völlig losgelöst von seiner Umgebung und verkennt dabei das, was tatsächlich durch ihn entsteht und vor allem bleibt. metis bezieht sich metaphorisch auf die ökologischen Wechselwirkungen, genauer auf das individuell generierte CO2; es soll nicht länger als abstrakte Größe verstanden werden sondern konkret als Teil des Alltags, des Menschen. Repräsentiert durch sekundäre Vitalparameter ergänzt die Beeinflussung die etablierten Vitalwerte - existentielle Zusammenhänge werden erstmals individuell nachvollziehbar, das Leben des modernen Menschen als Teil des Ökosystems erhält Relation und das Menschenbild erfährt unendliche Erweiterung.

Warum sieht es so aus?

metis stellt ein modernes Artefakt dar und bezieht sich damit bewusst auf eine menschengemachte Begebenheit, in diesem Fall die Beeinflussung durch sekundäre Vitalparameter. Dieses archaische Verständnis von Artefakten sowie die niederkomplexe Form aus Metall verweisen sowohl in die Vergangenheit des Menschen wie auch in dessen Zukunft: radikaler Minimalismus und zeitloses Design betonten die dauerhafte Gültigkeit der neuartigen ökologischen Instanz. Die Formgebung demonstriert eine klare Distanzierung vom typischen, schnelllebigen Konsumprodukt.

Was ist das Besondere?

metis bringt erstmals persönliche Entscheidungen und ökologische Konsequenzen nachvollziehbar in Verbindung. Die Etablierung einer eigenständigen Sprache - die der Natur - initiiert eine bewusste Auseinandersetzung und fördert die Anerkennung des Ökosystems als eigenständiger Wert doch verbindendes Element. Ein adaptiver Imprint visualisiert die Beeinflussung: eine Grundlinie als vertretbarer ökologischer Rahmen (gemäß Weltklimarat) wird durch entsprechende Ausschläge über- oder unterschritten - in Form tagesaktueller oder lebenszeitumspannender Timelines. Doch neben höchst kritischen Wechselwirkungen besitzt CO2 zudem eine durchschnittliche Verweildauer von 120 Jahren und ist damit eine generationsübergreifende Größe, die zu neuen Prioritäten, Weitsicht und Balance mahnt. Um die langfristigen Konsequenzen zu verdeutlichen, verbleibt metis nach dem Tod des Nutzers als Erbstück für 120 weitere Jahre bei der Familie - bis der letzte Einfluss abgebaut ist. Ein neues Verständnis von Vermächtnis: Kinder wachsen in einer Welt auf, in der Artefakte an längst Verstorbene erinnern, deren ökologisches Erbe den Alltag immer noch bestimmt.

Was ist neu?

metis als spekulatives Projekt befindet sich in einer umfassend smarten Umgebung und fungiert als Trackingsystem aller Entscheidungen des Alltags mit ökologischer Relevanz. Das Artefakt wird vom Staat gestellt und als lebenslanger Begleiter verstanden, welcher persönliche Daten vertrauensvoll verwahrt: für einen neuartigen politischen Ansatz, selbstverständlich auf rein fakultativer Basis. Zudem initiiert metis eine bewusste Auseinandersetzung durch gehobene Interaktion sowie das Erlernen der Sprache der Natur, repräsentiert als adaptiver Imprint. Die Erarbeitung der Kommunikation fördert den gewissenhaften Umgang und die Wahrnehmung der eigenständigen Wertigkeit des Artefakts - kontrastierend zum automatisierten Zugang dauerhaft verfügbarer Konsumprodukte.