Remis

Max Wosczyna

November / November - 2018

Fachhochschule Potsdam

Kurzbeschreibung

‚Remis‘ ist ein Objekt und – Möbelsystem für den öffentlichen Stadtraum. Mit geringen Eingriffen wird Aufenthaltsqualität an vernachlässigten Orten erzeugt, temporär oder dauerhaft. Remis besteht aus Plattformen, Überdachungen und Ausschnitten für Spontanvegetation. Miteinander kombiniert entstehen offene Raumstrukturen: Terrassen, Inseln und Pavillons.

Was ist das Thema?

Wenn wir davon ausgehen müssen, dass die ausgedehnte Metropole in weiten Teilen unsere Umwelt dominiert, macht die Suche nach unberührter Wildnis in den letzten Winkeln der Erde für den Freizeittourismus wenig Sinn. Dieser Zustand grenzt räumlich, aber auch kulturell das Menschliche vom Natürlichen ab. Gleichzeitig entwickelt sich der öffentliche Außenraum zu einem zunehmend privatisierten Bereich, reserviert für Mobilität und Konsum. Begegnungen mit der Natur lassen sich nicht in voneinander getrennte Gebiete ausweisen. ‚Remis’ ist der Versuch die Aufmerksamkeit für Differenzierungsmerkmale unserer direkten Umwelt zu wecken. Damit leistet das Projekt einen Beitrag für die Wahrnehmung der uns umgebenden Natur.

Warum sieht es so aus?

Das Objekt selbst, als Plattform, Sitzbank oder Pavillon ist streng strukturiert und nimmt Formen des Urbanen auf. Entstanden ist ein System auf dessen Basis Gitter mit unterschiedlichen Spaltmaßen für unterschiedliche Gewächse und Bodenplatten gelegt werden, um so unterschiedliche Bereiche zu beschreiben. Gleichzeitig steckt die Intention dahinter, Stimmungen nachzukommen, die momentan mit dem Erleben von Natur verbunden werden. Dazu gehört die Sehnsucht nach Einfachheit, Zurückgezogenheit und Geborgenheit. Daher wird in Form und Oberfläche Bezug zu aktuellen Outdoor- Lebensstilen, nachvollziehbarer Konstruktion sowie traditionellen Kultstätten genommen.

Was ist das Besondere?

Der Entwurf stellt die bedingungslose Versiegelung von Böden und pflegebedürftige Begrünung in Frage. Die Module können auf jeder Art von Untergrund positioniert werden. Durch Risse und Lücken des Bodenbelages werden mit der Zeit verschiedene Pflanzen wuchern, die wiederum Lebensräume für unterschiedliche Organismen erzeugen. Somit wird die ‚eigentliche‘ Natur, vormals als Unkraut bezeichnet, ins Blickfeld gerückt. Es wird weder gepflegt noch beschnitten. Das offensichtlich temporäre Moment war beim Entwurf wichtig: ‚Remis‘ lässt sich beliebig oft auf und abbauen. Die Ebenen sind keine dauerhafte Versiegelung des Bodens, die Konstruktion hat nicht den Anspruch an einem Ort Jahrzehnte zu überdauern. Diese Einstellung bestärkt die Auffassung, so genannte 'ungenutzte' Gebiete sich selbst zu überlassen und die entstehende Natur zu betrachten. Sie wahrzunehmen und zu erleben bedarf schließlich keiner massiven Planung, sondern kleiner Einrichtungsgegenstände.

Was ist neu?

Aus der Perspektive der Produktgestaltung, im Vergleich zu großflächiger Stadtplanung, entsteht der Vorteil, dass spekulativ und mit größerer Distanz Dinge entworfen werden können, die nicht von einem bestimmten geografischen Punkt abhängen. Produkte können in verschiedenen Kontexten funktionieren, Gebäude und landschaftliche Umstrukturierungen weniger. Aufgabe der Gestaltung sollte es nicht sein Kompensationen für das unangenehme Leben in der Stadt zu erzeugen. Statt kurzweiliger (Sehn- ) Suchtbefriedigung sollten wir über Veränderungen nachdenken, die unseren Wunsch nach Naturkontakt und damit verbundenen Stimmungen im Lebensalltag beantworten. Diese neuen Freiräume gilt es einzurichten, damit sie innerhalb der Metropole erfahrbar werden.