mitgefühlt.

Mara Vöcking

September / September - 2019

Folkwang Universität der Künste Essen

Bachelor of Arts

Kurzbeschreibung

Mitgefühlt sind partizipativ gestaltete interaktive Kissen, die die Kommunikation unter Menschen mit Demenz, die im privathäuslichen Bereich oder einer Demenz-WG leben, verbessern.

Was ist das Thema?

Einen Großteil ihres restlichen Lebens verbringen Menschen mit Demenz weiterhin zu Hause oder leben zunehmend häufiger auch in Demenz WGs. Die Kommunikation mit anderen Erkrankten in einer Demenz WG wird mit zunehmender Symptomatik der Demenz allerdings immer stärker eingeschränkt. Die Sprache wird im Verlauf der Erkrankung undeutlicher und wirkt immer zusammenhangsloser. Weniger stark erkrankten Mitbewohner*innen fehlt der Zugang zu den Personen und sie fürchten sich davor, selbst bald so eingeschränkt zu sein. Durch mangelnde Ansprache und durch Isolation wird der Verlauf der Krankheit negativ beeinflusst, es fehlen aktivierende und mutmachende Alltagsstrukturen, Ansprache und Stimulation.

Warum sieht es so aus?

Die Interaktiven Kissen "mitgefühlt" wurden in einem partizipativ-gestalterischen Prozess gemeinsam mit 12 Personen einer Demenz WG entwickelt. In wöchentlich stattfindenden Feldversuchen, wurden die Kissen gemeinsam mit den Bewohner*innen entwickelt. Das Erkunden über den Tast- und den Hörsinn funktioniert bei vielen Menschen mit Demenz noch gut. Durch ein passendes Gewicht, Oberflächen und Interaktionen der Kissen kann die Kommunikation der Bewohner*innen besonders positiv beeinflusst werden. Das Kissen ist mit einem Bewegungssensor programmiert, der vorbeilaufende Personen erkennt. Das Kissen beginnt, sich hin und her zu bewegen, um die Aufmerksamkeit der Leute darauf zu lenken. Sobald jemand neugierig wird und es aufhebt, erkennt ein Beschleunigungsmesser die Bewegung und das Kissen beginnt beruhigende, aufregende oder fröhliche Musik zu spielen. Es gibt drei verschiedene Arten von Kissen, mit unterschiedlicher Haptik und interessanten Texturen. Die Stoffe sind ansprechend gestaltet und werden gerne mit Händen und Gesicht untersucht. Jedes Kissen sendet Vibrationsbewegungen an die Oberfläche für eine beruhigende und stimulierende Erfahrung.

Was ist das Besondere?

Menschen mit Demenz können im Laufe der Erkrankung immer schlechter miteinander kommunizieren. Gerade weil immer mehr Demenzerkrankte in Demenz WGs wohnen, wird dieses Thema immer wichtiger. Stark beeinträchtigte Erkrankte werden in der Kommunikation unter den Mitbewohner*innen häufig ausgeschlossen. Fehlende Ansprache und Stimulation beeinflussen den Verlauf der Erkrankung negativ und können oft auch nicht durch die Alltagsbetreuer vollständig ausgeglichen werden. Eine eigenmotivierte Stimulation ist bei Demenzerkrankten nicht mehr möglich. Die interaktiven Kissen „mitgefühlt" machen durch Bewegung auf sich selbst aufmerksam und motivieren schwer Erkrankte Bewohner*innen sich mit ihnen zu beschäftigen. Durch die Kommunikation mit und über die Kissen wird die Sprache von stark erkrankten Personen deutlich klarer, die Stimmung lockert sich und oft laden sie auch weitere Personen ein, mitzumachen. Die stark erkrankten Personen werden so in eine Gruppe und in die allgemeine Kommunikation mit eingebunden.

Was ist neu?

Deutschlandweit wird sich die Zahl der Demenzerkrankten bis zum Jahr 2050 vermutlich verdoppeln und auf 3 Millionen belaufen. Erkrankte verlieren unter anderem ihre kognitiven Fähigkeiten und die Fähigkeit der (verbalen) Kommunikation im Verlauf der Erkrankung. Es gibt aktuell nur Therapiemöglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität. Eine Heilung der Erkrankung gibt es nicht.  Ein wichtiger Teil der Therapie ist, die mentale und körperliche Aktivierung, die den Verlauf positiv beeinflussen kann. Gesellschaftliche Teilhabe, Kommunikation und das Erleben von Autonomie ist für die Erkrankten von besonderer Bedeutung. Die interaktiven Kissen ermöglichen Menschen mit Demenz ihre Alltagskompetenzen zu trainieren und tragen zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Durch Vibration und Bewegung in den Kissen wird ein positives Körpererleben ausgelöst, dies kann Spaß und Freude machen und führt zu einem Abbau von Regression und Unruhe. Die Tonimpulse können Anknüpfungspunkt für weitere Gespräche, oder einfach nur für das gemeinsame Lauschen sein. Da die Kissen keinerlei Wiedererkennungswert haben, bleibt Platz für die eigene Imagination und jeder kann etwas anderes darin sehen. Somit steht das Produkt für sich, bleibt undefiniert und strebt Kommunikation an.