Zineria

Tomma Suki Hinrichsen

Juni / June - 2020

Universität der Künste Berlin

Bachelor of Arts

Kurzbeschreibung

Zineria ist ein frisch gegründeter Zine-Verlag aus Berlin

Wir gestalten und publizieren Zines: Bunte Hefte, die von selbsternannten Autor*innen hergestellt und in kleinen Auflagen veröffentlicht werden. Die vielen unterschiedlichen Geschichten und Visionen, die immer aus der Perspektive der Autor*innen selbst erzählt werden, bieten einen poetischen Zugang zu den Themen Stadt und Commons. Es geht hierbei nicht darum, konkrete Nutzungskonzepte für Orte zu erstellen, sondern vielmehr um einen individuellen Blick und die assoziative Ebene der Transformation. Die Zineria hat sich am Tempelhofer Flughafen niedergelassen und bietet die Möglichkeit diesen Ort zu erkunden und über ihn zu schreiben, zu zeichnen und zu dichten.

Der Verlag hat sich aus Rücksicht auf die Umwelt auf Online- Zines spezialisiert, veröffentlicht aber auch Zines im Rahmen von Ausstellungen und/oder zu besonderen Anlässen. Zineria bietet Workshops an und ist selbst auch eine lernende Organisation. In den Workshops wird kein Wissen patentiert sondern wild weitergegeben. So kann jedes erstellte Zine wieder zu Collage-Material und somit kreative Anregung für neue Zines werden.
Jede*r kann zinnieren und jedes Zine hat seine Nische!

Was ist das Thema?

Das Tempelhoferflughafengebäude steht mitten in Berlin. Während das Feld für die Berliner*innen nicht mehr wegzudenken ist, stehen immer noch die meisten Teile des 312.000m2 großen Flughafengebäudes leer. Seit dem Frühling letzten Jahres bin ich in einer Initiative aktiv, dem Torhaus. Das Torhaus ist das ehemalige Pförter*innenhaus des Flughafens. Hier saßen mal Pförtner*innen drin, die darüber entschieden haben, ob jemand Zugang zu Gebäude bekommt oder nicht. Nun sitzen wir da drin und versuchen im Namen der Bürger*innen Berlins einen Zugang zu dem Gebäude zu schaffen. Während die die Entwicklungsgesellschaft der Stadt diesen ehemaligen Kriegsflughafen zu einem Touristenmagnet entwickeln will, fordern wir radikal klima- und menschenfreundliche Konzepte, welche die Bedürfnisse der Berliner*innen einbeziehen. Wir setzten uns dafür ein, dass Teile des Gebäudes gemeinwohlorientiert und kooperativ genutzt werden. Um den Bürger*innen Berlins einen Zugang zum Gebäude zu verschaffen, habe ich ein Werkzeug entwickelt um das kollektive fantasieren an diesem Ort anzuregen. Ein Tag in der Zineria beginnt mit einem gemeinsamen Spaziergang rund um das Gelände. Die Einschüchterungsarchitektur wirkt durch dieses gemeinsame Erkunden gleich viel kleiner. Wir beginnen uns zeichnerisch an eine eine alternative bunte und vielfältige Zukunft anzunähern. In der Werkstatt werden die gesammelten Eindrücke zu Zines verarbeitet. Was sind eigentlich Zines? Zines können von jeder Person hergestellt und herausgebracht werden. Es sind keine besonderen Qualifikationen erforderlich. Zines werden nicht als Konsumgüter gesehen, sondern als urheberrechtsfreie Slides, die frei kopierbar sind und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Da Zines von Hand und unter Verwendung gängiger Materialien und Technologien erstellt werden (Do-it-yourself ist die oberste Direktive der Zine-Welt), sehen sie dementsprechend aus, mit unordentlichem Cut-and-Paste-Layout, kaum lesbarer Schrift und ungleichmäßiger Reproduktion. In der Werkstatt befindet sich verschiedene Werkzeuge, die ich entwickelt habe um Zines zu erstellen: Einerseits Ansichten und Fotos vom Flughafengebäude aber auch Comic-Figuren, Comic-Geräusche und viele Illustrationen, die man ausschneiden und für die Produktion der Zines nutzen kann. In einer von mit entwickelten Fotobox können die Zines digitalisiert und online veröffentlicht werden. Die Zines, die entstehen, bieten einen sehr individuellen Blick auf das Gebäude und machen Lust, diesen Ort weiter zu erkunden.

Warum sieht es so aus?

Die Zineria soll Spaß machen. Sie soll utopische Ideen zulassen und zum Träumen herausfordern. Die Werkstatt besteht aus sieben Holzkisten, welche alle unterschiedliche Funktionen haben. Es gibt eine kleine Bibliothek, eine Fotobox um die Zines zu digitalisieren (zum Transport kommt der Drucker in die Box) einige Material- und Werkzeugkisten und einen Zine Ständer. Alle Bestandteile der Werkstatt passen in einen Fahrradanhänger. Die Zineria könnte also überall in der Stadt aufgebaut werden, in diesem Fall nun direkt vor Ort: Im Tempelhoferflughafengebäude. Ich habe ein leuchtorange als Erkennungsfarbe gewählt, als Startpunkt um diesem grauen Ort ein wenig Leben einzuhauchen.

Was ist das Besondere?

Design verstehe ich im Rahmen meiner Arbeit nicht mehr als Gestaltung einzelner Objekte oder Zeichen, sondern als Gestaltung von Systemen, Prozessen, Erfahrungen, Interventionen und Interaktionen sowie als Methode für die Entscheidungsfindung in sozialen, städtischen, kulturellen oder ökologischen Kontexten. Mein Entwurf konzentriert sich auf die Gesellschaft und ihre Veränderungen hin zu einer nachhaltigeren Art zu leben, zu arbeiten und zu produzieren. Ich denke es ist wichtig den Designbegriff zu öffnen und in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext zu sehen. Die partizipative Entwicklung von Orten in der Stadt ist extrem relevant, denn diese Orte schaffen Freiraum. Bei der Organisation dieser Orte kann Design eine wichtige Rolle spielen denn seine Artefakte - in Form von Produkten, Dienstleistungen oder Interventionen - können Bewusstsein schaffen und neue Verhaltensmodelle motivieren. Dies ist das Ziel der Zineria: Umdenken und anpacken.

Was ist neu?

Eine Zine-Verlag als Methode für die kollektive Raumproduktion.