Vorplatzgestaltung für einen Drogenkonsumraum
Kurzbeschreibung
Sitzobjekte, Licht sowie Schutzstrukturen vor Wind und Wetter für einen hochfrequentierten öffentlich gewidmeten Platz die gemeinsam mit Mitarbeiter*innen und Besucher*innen eines Drogenkonsumraums im Zentrum Hamburgs.
Der Entwurf ist Handlungsaufforderung sowie objektförmige Vorschlagsentwicklung für eine sozialstaatliche Handlung und die Entfaltung eines Diskurses um Einflussnahme auf Raumproduktion.
Was ist das Thema?
Sitzen, Licht und Schutz sind Archetypen raumgestalterischer Handlungen. Sitzobjekte, Licht und Dächer sollen es in erster Linie ermöglichen im öffentlichen Raum Grundbedürfnisse nach Erholung, Sicherheit und Gesundheit vorzufinden. Durch die Gestaltung basaler Sitz- Licht- und Schutz Elemente für einen öffentlichen Ort soll aber auch auf die systemische Ebene der bewussten Aussparung von Außenraumgestaltung eines hauptsächlich von prekarisierten und wohnungslosen Menschen genutzten Raums verwiesen werden.
Warum sieht es so aus?
Ausgehend von einer möglichst parteiischen Planung auf Seite der Drogenkonsumierenden entstanden die ersten Entwürfe als Gesten der Anerkennung ihrer Existenz und ihrer Miteinbeziehung in die Entwicklung des städtischen Raumes. Weitere formale Attribute wurden dann in der Aushandlung mit politischer und gesellschaftlicher Realität entwickelt. Ausgehend von Ideal wurde sukzessive entfernt bis eine Umsetzung realistisch diskutiert werden konnte. Die Sitzobjekte sind Ergebnis einer Tarierung von Vandalismussicherheit, Angebot sich niederzulassen und organisatorischer Konflikte wenn die Objekte auch als Liegefläche dienen könnten. Stahlrohre sind stabil, lassen kaum Raum für Verschmutzung und sind dennoch viel mehr als direkt auf dem Boden zu sitzen. Die gebogene Form ermöglicht zudem geschlossene und offene Gruppen sowie eine Unterteilung des Raumes in Nutzungszonen. Die Leuchtkörper sitzen oben außerhalb der Reichweite der Besucher*innen, sind als LEDs resistent gegen auskicken und leuchten den Platz gleichmäßig aus. Die schrägen und aufgeteilten Dachelemente versuchen proaktiv mit Bedenken der Einblicksnahmebeschränkung seitens der Polizei einzugehen und dennoch möglichst viel Fläche vor direkter Sonneneinstrahlung und Regenwetter zu schützen. Die gesamte Platzgestaltung wurde gemeinsam mit Mitarbeiter*innen und Besucher*innen des DrobInns entwickelt und diskutiert und ist so auch formal das Ergebnis eines partizipativen Aushandlungsprozesses.
Was ist das Besondere?
Die Nutzung öffentlichen Raums durch Drogenkonsumierende Menschen ist real erlebbarer Teil urbanen Alltags. Sie wird hauptsächlich als Teilbereich sozialstaatlicher und gesundheitspolitischer Handlungsräume diskutiert. Die Auseinandersetzung mit der objektförmigen Ebene von Drogenkonsumräumen und vergleichbaren Versorgungseinrichtungen ist eher in Ausnahmen Teil von Design. Die spezifischen Anforderungen an klassische Handlungsfelder von Design wie Sitzen, Licht und Schutz vor Wetter lassen sich in dieser Akteurskonstellation auf besondere Art diskutieren. Zudem ist die Schnittstellenarbeit zwischen Drogenkonsumraum, Design und einem Museum eine besondere Chance Diskurse zu entwickeln, zu platzieren und zu verstärken und auch die gängigen Handlungsräume gestalterischer Disziplinen in einem besonderen Kontext zu betrachten.
Was ist neu?
In Europa gibt es keinen zweiten Drogenkonsumraum mit einer derart präsenten öffentlichen Grünfläche. Wenn Drogenkonsumräume diskutiert werden, dann immer als geschlossene Systeme und den individuellen und gesellschaftlichen Schaden reduzierende Infrastrukturen. Eine Inbezugsetzung der internen Struktur von staatlich getragenen Drogenkonsumräumen und den umgebenden Stadtteilen gestalterisch zu entwickeln ist daher tendenziell als "neu" zu betrachten. Auch die spezifische Entwicklung von Mobiliar für einen derart konfliktgetragenen Ort und die zentrumsnahe Lage des Ortes machen das Projekt einzigartig.