Tradition im Wandel der Digitalisierung

Fabian Schmid

März / March - 2019

Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe

Kurzbeschreibung

Die Diplomarbeit enthält einen technischen Part, bei dem von mir ein vollautomatisierter keramischer 3D Drucker entwickelt wurde, der erstmals die serielle Produktion von 3D gedruckten Keramiken erlaubt. Der zweite Teil beinhaltet einen gestalterischen Teil, bei dem zwei Vasenserien entstanden sind, die charakteristisch für die einzigartigen Möglichkeiten des 3D Drucks stehen.

Was ist das Thema?

Keramikmanufakturen sind in den letzten Jahrzehnten vermehrt unter wirtschaftlichen Druck geraten. Das Produzieren von Produkten in kleiner Auflage mit traditionellen Verfahren ist im Laufe der Zeit immer teurer geworden. Billig produzierte Massenware in niedriger Qualität hat den Markt überflutet und kleine Manufakturen überflüssig gemacht. Dies hatte zur Folge, dass die meisten Betriebe schließen mussten, wodurch große Teile eines breiten Wissens einer jahrhundertelangen Tradition verloren gingen. Innovationsträgheit und das Aussterben dieses klassischen Ausbildungsberufes haben verhindert, dass die digitalen Entwicklungen des 21. Jahrhunderts in dieser Branche Fuß fassen konnten. Meine Diplomarbeit verknüpft traditionelles Handwerk mit den technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts.

Warum sieht es so aus?

Eine erste Vasenserie "Surface" ist als typisches Keramikprodukt für das untere Preissegment konzipiert und stellt dar, welche Variantenvielfalt im 3D Druck möglich ist, wenn keine Formen mehr zur Herstellung benötig werden. Ich habe ein parametrisches Programm entwickelt, das durch einen Zufallsgenerator Oberflächenstrukturen generiert. Diese werden auf eine kleine Vasengrundform angewendet. Somit können unendlich viele Formen entstehen, die von meinem 3D Drucksystem automatisiert ausgedruckt werden. Die zweite Serie „Skin“ zeigt, welche komplexen Strukturen nun durch den 3D Druck möglich sind. Diese werden hier nur exemplarisch auf Vasen angewendet und eignen sich für den hoch effizienten Einsatz im Schallschutz oder zur Wärmedämmung.

Was ist das Besondere?

3D Druckverfahren konnten sich bisher nicht in der Serienfertigung etablieren, obwohl diese unglaubliche Vorteile im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Produktpreis, Logistik und Produktvielfalt mit sich bringen. Dies liegt daran, dass die heutigen Verfahren entweder zu teuer, zu langsam oder die Materialien und deren Oberflächengüte nicht überzeugend genug sind. Anders verhält es sich beim Drucken von feuchtem Ton, der später zur Keramik gebrannt wird. Ich konnte durch mein Drucksystem die Druckzeiten drastisch verkürzen, flexibilisieren und automatisieren, was das Ganze wirtschaftlich macht. Meine eigens entwickelte Tonmischung mit rein natürlichen Zusätzen erlaubt es, eine ebenmäßige und später mit Glasuren zu veredelnde Oberfläche zu gewährleisten. Da die herkömmliche industrielle Herstellung von keramischen Produkten zeitintensiv und aufwendig ist, bietet mein System eine echte Alternative dazu. Hinzu kommen die einzigartigen Möglichkeiten die der 3D Druck bietet. Einschlüsse, Hinterschneidungen und komplexe Strukturen können so auf einfache Weise realisiert werden, wodurch völlig neue keramische Produkte entstehen.

Was ist neu?

Mein 3D Drucksystem ist das erste seiner Art und erlaubt erstmals die serielle Fertigung von 3D gedruckten Objekten für eine breite Masse. Es ist erstmals möglich ausschließlich digital zu fertigen. Dies bedeutet, dass Produkte vom Kunden selbst konfiguriert werden können, dadurch entsteht eine serielle Individualfertigung. Was bisher eigentlich einen Widerspruch darstellte, wird nun zu Praxis. Es ist nicht mehr nötig, auf Vorrat zu fertigen, sondern on-Demand. Dabei stehen die beiden Vasenserien beispielhaft für die Möglichkeiten, die dem Designer, dem Architekten und dem Kunden eröffnet werden.