Die unsichtbare Hand des Design / The invisible hand of design

Sebastian Sittinger

Juli / July - 2019

Hochschule der Bildenden Künste Saar

Diplom

Kurzbeschreibung

Bei der aktuellen Verpackungsproblematik setzt das zentrale Pfandsystem – kurz ZP – an, um noch nicht bepfandeten Verpackungen ein sinnvolles Pfandsystem zu geben. Neben Sturzgläsern für Aufstriche, Konfitüren und mehr, Stoffbeutel für Gemüse, Brot, Getreideprodukte oder Ähnliches, kommt für stoßempfindliche Lebensmittel, wie Obst, Pilze, Käse aber auch für Fleisch-/ Wurstwaren und Fisch eine Mehrwegkunststoffverpackung zum Einsatz. Angegliedert wird das Pfandsystem an die regionalen Produzent*innen und deren Vertrieb, um Transportwege zu verkürzen und allen Beteiligten eine größtmögliche Transparenz zu bieten. Die Mehrweg-Verpackungen wecken durch das Pfand neue Aufmerksamkeit und regen Kund*innen an, bewusster mit dem Einkauf umzugehen. Einfach zu verstehen ist es ohnehin; der*die Produzent*in befüllt die zum Produkt passende Verpackung und der*die Kunde*Kundin kauft diese mit dem Aufschlag des Pfandes. Daraufhin wird der Inhalt genüsslich verzehrt und kehrt, im besten Fall kurz vorgespült, beim nächsten Einkauf wieder zurück zum Produzenten*zur Produzentin. Die Reinigung, Sortierung und Verteilung der Verpackungen erfüllt das ZP in direkter Zusammenarbeit mit den Produzent*innen.

Was ist das Thema?

Mehrweg, Pfand, reuse und recycle. In Anbetracht der Tatsachen, in welchem Ausmaß der Mensch seine Umwelt verschmutzt und zunehmend zerstört, müssen gute Systeme wie das Pfand, erweitert, umgedacht und verbreitet werden. Mit dem Slogan „Nein zur Wegwerfgesellschaft“ macht das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) auf unseren inakzeptablen Kunststoffverbrauch durch überflüssige Verpackungen aufmerksam. Besonders die Lebensmittelverpackungen werden hier ins Licht gerückt; Produzent*innen werden für eine Einsparung nun vom BMU belohnt. (1) Durch das Verpackungsgesetzt, das Anfang 2019 in Kraft trat, sollen Abfälle eingespart, besser recycelt und transparenter gehandelt werden. In zwei Jahren sollen die Richtlinien abermals verschärft werden. (2) Europaweit gibt es mittlerweile erste Verbote für Kunststoffprodukte. Die unzulässigen Produkte sind Einwegartikel, viele davon für den Gebrauch mit Lebensmitteln bestimmt. (3) Die Deutsche Umwelthilfe vergibt 2019 einen Preis für die unsinnigste Einweg-Verpackung. (4) Mehr als schade ist, dass es überhaupt zu solch einer Verschwendung an Ressourcen kommen konnte. Aktuell produziert jeder Deutsche circa 37kg Verpackungsmüll im Jahr (insgesamt sind das 18 Millionen Tonnen). Hier fallen allein 63% bei verpacktem Obst und Gemüse an. (5) Dabei wünschen sich 85% der Kunden mehr Verpackungen einzusparen. (6) Mittlerweile gibt es diverse Projekte die Verpackungen gezielt dezimieren wollen. (1) https://www.bmu.de/wenigeristmehr/unsere-politik-nein-zur-wegwerfgesellschaft/ Stand: 04.07.2019 (2) https://verpackungsgesetz-info.de/ Stand: 04.07.2019 (3) https://www.morgenpost.de/politik/article216047361/Plastikverbot-Strohhalm-und-Co-Ab-2021-sind-diese-Produkte-in-der-EU-verboten.html Stand: 04.07.2019 (4) https://www.duh.de/goldenergeier/ Stand: 04.07.2019 (5) https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/ressourcenschonung/einzelhandel-und-umwelt/nachhaltigkeit/20787.html Stand: 04.07.2019 (6) https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/ressourcenschonung/einzelhandel-und-umwelt/nachhaltigkeit/19101.html Stand: 04.07.2019

Warum sieht es so aus?

Das Zentrale Pfandsystem besteht einerseits aus dem Systemdesign an sich sowie den drei Behältnissen: 1) Sturzgläser, 2) Mehrwegkunststoffverpackung und 3) Stoffbeutel. 1) Da es eine Vielzahl an Einmachgläsern gibt war es naheliegend unter den bestehenden die Besten heraus zu suchen und weiter zu optimieren. Sturzgläser weisen schon Grundlegende Elemente für eine gute Kreislaufzirkulation auf, da diese kein Rand haben und hierdurch gut zu reinigen sind, die zylindrische Form ein großes Volumen bietet und somit dem Raumbedarf komplett ausnutzt, die Twist-Off Deckel in genormten Maßen mit Blue-Seal sind BPA & Weichmacher frei. Zur Optimierung und somit Erweiterung des Sturzglases werden bislang fehlende Informationen wie die des Pfandsystemlogos im Boden des Glases übermittelt. Neben der Information des Pfandes sollte das Eigengewicht des Glases sowie die Füllmenge beim Glasblasen in den Boden geprägt werden. Da das Formwerkzeug für den Bodeneinsatz separat von den bestehenden Außenformen hergestellt werden kann, können enorme Kosten sowie Zeit gespart werden im Vergleich zu einer komplett neuen Glasblasform. 2) Die Kunststoffschale aus Polypropylen (PP) für den Gebrauch in einem regionalen Kontext bestens geeignet. Die zwei verschiedenen Größen mit den Maßen 180x140mm und 90x140mm und einer Höhe von 60mm sind auf Euromaße angepasst und somit - für den Transport - gut in Euroboxen stapelbar. Außerdem sind die Schalen in sich stapelbar, wobei kleine Nasen verhindern, dass die Schalen wegen der Adhäsionskraft schwer auseinander gehen. Die Füße der Schalen passen exakt auf die Mulden in den Deckeln. Die Deckel mit Ringschnappverbindung schließen die Schale Luftdicht ab wodurch auch Lebensmittel mit Flüssigkeit transportiert werden können. Für die Lagerung von Lebensmitteln wie Gemüse, Backwaren, Pilzen oder Käse, welche Luft brauchen um weniger schnell zu verderben, können die Deckel umgedreht auf die Schale gelegt werden. So lässt der Deckel die Lebensmittel atmen. Damit die Pfandschale ihren Weg zurück zum Verkäufer und somit in das Pfandsystem findet, ist auch hier eine Kennzeichnung durch das Pfandlogo wichtig. Außerdem wird noch ein Zeichen für die Lebensmittelechtheit, das Eigengewicht und das Recyclingzeichen für Polypropylen in die Spritzgussform eingearbeitet. Durch die Kennzeichnung der Kunststoffart kann die Schale sortenrein recycelt werden, wenn diese nach circa 500 Nutzungszyklen ausgedient hat. 3) Der Beutel als Ergänzung zu Glas sowie Schale dient insbesondere der Aufbewahrung von Obst, Gemüse und Backwaren und anderen losen Waren. Aus Leinen-, oder Hanfstoff ist der Beutel besonders strapazierfähig und liefert auch nach häufiger Reinigung besten Zusammenhalt. Auf dem Beutel wird das Pfandlogo sowie Eigengewichtangaben gedruckt um diesen wieder in das System einpflegen zu können.

Was ist das Besondere?

Das Pfand ist keine neue Erfindung, die ersten Mehrwegdosen für Kekse gab es bereits 1928. Heute sind wesentlich mehr Pfandsysteme am wieder befüllen von Glasflaschen als damals. Aktuell tauchen vielerorts Kaffee-Pfandbecher in diversen Ausführungen auf. Das Pfandsystem strahlt durch Unscheinbarkeit, der Ablauf des Kaufens und Zurückgebens ist bekannt durch gängige Pfandsysteme wie die Mehrwegpfandflasche. Hierdurch kann sich das relevate Lebenmittelpfandsystem besonders gut - nahezu ungemerkt für den Kunden - in den bestehenden Markt einbetten. Einheitliche Markierungen und die Gewährleistung die Behältnisse an allen ausgeschriebenen Stellen zurück geben zu können erweitert die Attraktivität des Systems. Weniger ist mehr findet hier direkten Anklang, die funktionale Gestaltung ermöglicht den Kunden einen intuitiven Umgang mit den neuen aber irgendwie auch bekannten Formen und Abläufen.

Was ist neu?

Ein Pfandsystem für Lebensmittelbehältnisse mit der Möglickeit allen bisher unbepfandeten Einweg-Verpackungen eine Alternative zu geben. Hierfür werden beim Sturzglas geringfügige Eingriffe in die bestehende Gestaltung gemacht. Das neue Formteil des Bodenstempels bietet Platz für wichtige Informationen zu Leergewicht, Volumen und natürlich dem Pfandsystem in dem alle Verpackungen kursieren. Die Formgebung der beiden Mehrweg-Kunststoffverpackungen hat einen praktischen Sinn wie alle bekannten Boxen und Dosen: die Aufbewahrung von Essen. Die auf die Euronorm angepassten Maße ermöglichen jedoch einen effizienten Einsatz auch in größeren Systemketten. Feine Details wie die Stapelbarkeit, Abtropfgarantie, dichter oder luftdurchlässiger Verschluss, Materialeinsparung und letztendlich die Bodenmarkierungen geben der Box eine neue Erscheinung. Auch Stoffbeutel sind in Hülle und Fülle zu finden, doch hier wurde der Zuschnitt und Näharbeit optimiert, Euromaße eingehalten und eine Markierung hinzugefügt. Neu ist hier nicht komplett neu gedacht sondern neu überdacht, optimiert, an die Effizienz in der Lebensmittelwirtschaft angepasst und bleibt trotzdem ressourcenschonend.