Die kuratierte Infrastruktur brachte im März 2023 nach dem Prinzip der Einladung Kompliz*innen, Freund*innen, Denker*innen und Gestalter*innen zu Workshops, Talks, Abendessen, Diskursen, Kollaborationen und Gemeinschaftlichkeit in der spce Galerie der Hochschule zusammen. Gastfreundschaft ist, bei all ihrer Generosität, ein komplexes Konzept. Häufig auf Geselligkeit oder Gegenseitigkeit reduziert, scheint sie zunächst grundsätzlich positiv konnotiert zu sein. Auf der Suche nach einer räumlichen Gestalt von Gastfreundschaft wurden die Potenziale des Gastgebens und ihre Relevanz für das Kuratorische untersucht. Dabei bildeten populäre Elemente einer auf Hospitalität beruhenden Situation die Grundlage der Auseinandersetzung: der Tisch, die Gabe und die Einladung. Anstatt die gängige Präsentationsform von Ausstellungen in den Vordergrund zu stellen, geht „Be my guest“ situativ der Frage nach, welche Bedingungen und Möglichkeiten es braucht, um Gastgeber*in sein zu können.
Kategorie: Material
CSMU
Extreme Wetterbedingungen, Bodenversiegelung und fortschreitende Urbanisierung belasten vorhandene Abwassersysteme zunehmend und führen zu immer größeren Schwierigkeiten. Das moderne Hauptabwassersystem ist kompliziert, da es sämtliche Abwasserleitungen verbindet und so dimensioniert ist, dass es für traditionelle Baufahrzeuge nicht zugänglich ist. Dadurch obliegt die Instandhaltung des gesamten Systems den Operatoren. Die aktuelle Praxis manueller Überwachung und Reinigung ist ineffizient.
Das Konzept bietet eine flexible Auswahl von Ausrüstungen an, die das effiziente Transportieren von Abfällen und Material unterstützen und es möglich machen, sich wiederholende Aufgaben automatisch auszuführen. Es handelt sich um ein System aus Funktionsmodulen und autonomen Fahrzeugplattformen, die als unterstützende Verbindung zwischen Operatoren und Abwasseranlagen dienen können. Das Konzept will auch das Image des Berufsstandes verändern, indem es ein sauberes und detailorientiertes Erscheinungsbild in die Branche bringt.
EDEN
Zukunftsfähige Städte müssen mehr grüne, offene Räume haben. Neben weiteren Faktoren macht die Entwicklung solcher Räume eine Stadt zu einem attraktiven Lebensraum für Wildtiere.
„Eden“ ist eine Monitoring-Station, die Wildtiere im urbanen Kontext erfasst. Ein „Camera Array“ aktiviert sich, sobald Tiere vorbeigehen, erfasst und sammelt genaue Informationen über die Individuen, die Art und ihre Verhaltensmuster. Die KI erkennt und erfasst nur vorprogrammierte Tiersilhouetten. Die Daten werden auf den Server des „Urban Wildlife Registry“ (eine klare Zuständigkeit für Wildtiere im urbanen Kontext) hochgeladen und für Gestaltungsprozesse urbaner Räume, für Forschungszwecke und andere gemeinnützige Verwendungsbereiche der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Die Station bietet außerdem eine Nist-Möglichkeit für Wildbienen. Im unteren Bereich befinden sich Informationen, die Menschen dazu einladen, sich mithilfe einer App zu beteiligen und zu lernen, wie man sich gegenüber Wildtieren im urbanen Raum verhalten soll.
Tony
„Tony“ ist eine Neuinterpretation der Tonkrugkühler-Methode. Die Funktionsweise eines Tonkrugkühlers basiert auf dem Prinzip der Verdunstungskühlung. Der poröse Rakuton nimmt Wasser aus dem Tank auf; und sobald es an den Wänden des Behälters verdunstet, kühlt es den Innenraum auf 13 bis 17 Grad Celsius herunter. Dadurch erstehen optimale Lagerbedingungen für ausgewählte Obst- und Gemüsesorten oder Backwaren, die nicht von der Lagerung im Kühlschrank profitieren. Es sind genau diese Lebensmittel, die den Großteil der vermeidbaren Lebensmittelabfälle bilden. Da bei der Lebensmittellagerung durch Ethylenausstoß die Nachbarschaft eine entscheidende Rolle spielt, gibt es Tony in drei verschiedenen stapelbaren Größen, die unabhängig voneinander kühlen.
Eine einfache und unkomplizierte Benutzung soll die Verbraucher*innen dazu ermutigen, sich mit der Lebensmittellagerung auseinanderzusetzen und sie über nachhaltigen Konsum informieren.
EIN STUHL
Können Designer*innen von Kinderzeichnungen lernen? Sind das Entwürfe im klassischen Sinn oder doch nur Kinderzeichnungen? Was bedeutet es, wenn sich Kinder Stühle ausdenken, losgelöst von grundlegenden Designparametern? Was passiert, wenn Kinderzeichnungen und Basteleien aus Designsicht ernst genommen werden?
Die Masterarbeit „EIN STUHL“ geht diesen Fragen nach und versucht sich in einem experimentell orientierten Entwurfsprozess der Art und Weise anzunähern, wie Kinder in kreativen Prozessen Entscheidungen treffen. „STUHL“ ist das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses zwischen der archetypischen Silhouette und der Ergonomie des Stuhls. Inwieweit kann die konsequente – wie von Kinderhand gezeichnete – Orthogonalität des Stuhls trotz ergonomischer Eingriffe bewahrt werden?
Vier Beine, eine Lehne und eine Sitzfläche. Eschenholz.
Nature Bag
Plastik prägt unser Alltag. Ohne Plastik ist unser Alltag kaum mehr vorstellbar. Plastik ist einfach überall. Dabei sind Kunststoffe problematisch für die Umwelt und verursachen ein globales Müllproblem. Gegenwärtig werden zahlreiche Lösungen angeboten. Mittlerweile beginnen Regierungen damit, den Verbrauch von Plastik an einigen Stellen zu regulieren. Mülltrennung und Recycling allein werden die Plastikkrise freilich nicht lösen können. Wir brauchen deshalb eine ultimative Lösung. Die ultimative Lösung sind neue Materialien. Wir müssen Plastik neu erfinden.
Der „Nature Bag“ ist eine Alternative zur Plastikverpackung. Es handelt sich um eine essbare und auflösbare Lebensmittelverpackung, die sich – etwa bei Instantnudeln – beim Kochen bei Temperaturen mehr als 100 Grad Celsius auflöst. Nach einer Mahlzeit mit Nature Bag entsteht kein Plastikmüll.
MIKADO
Städte entwickeln sich ständig weiter und sind mit Problemen wie Klimawandel, Luftverschmutzung und Verstädterung konfrontiert. Eine Lösung besteht darin, Autos aus den Innenstädten zu verbannen und Fußgängerzonen und öffentliche Räume wiederzubeleben.
Das modulare Raumkonzept „MIKADO“ verwandelt ungenutzte Flächen in attraktive, flexible städtische Räume, die die Bedürfnisse der Bewohner*innen in den Vordergrund stellen.
Das System konzentriert sich auf die Beschattung des öffentlichen Raums, um Hitze zu reduzieren, wobei fragmentierte Sonnenschirme halbschattige Bereiche schaffen, die durch Sitzbereiche, Stehtische und Pflanzgefäße für eine dynamische Nutzung ergänzt werden. Der modulare Aufbau ermöglicht eine individuelle Gestaltung, wodurch sich das System für große öffentliche Plätze, einzelne Parkplätze und abgesperrte Straßen eignet. MIKADO bietet einen nachhaltigen Ansatz zur Belebung öffentlicher Räume, zur Förderung des gesellschaftlichen Engagements und zur Bekämpfung des Klimawandels.
Centist
Die Verschwendung von kleinen Geldmünzen hat negative Auswirkungen auf die Umwelt und führt zur unnötigen Produktion neuer Münzen. Oft denken Menschen, dass ihre kleinen Spendenbeträge nicht viel ausmachen, tatsächlich aber können sie in der Summe einen großen Unterschied machen.
„Centist“ sind Spendenbehälter mit einer eigenen Sprache. Die Bedeutung von Spenden wird durch einfache Metaphern verdeutlicht: „Auch Kleines macht einen großen Unterschied“. Jede kleine Münze zählt, besonders bei Spenden. Eine gut gestaltete Spendenbox kann das Interesse der Menschen wecken und ihnen die Möglichkeit geben, mehr über die dahinterstehende Wohltätigkeitsorganisation und ihren Zweck zu erfahren. Die analoge Spendenbox kann das Spenden im Alltag erleichtern und zusätzliche Optionen für digitale Spenden schaffen. Durch gezieltes Design kann sichergestellt werden, dass die Spendenboxen nicht nur als einfache Sammelbehälter, sondern als wichtiger Teil der Werte und Identität der Organisation wahrgenommen werden.
STEIGER
Um Glühbirnen zu wechseln, Oberschränke ein- und auszuräumen, auf Schränken Staub zu wischen oder Bücher aus einem Regal zunehmen, werden zumeist Stühle, Tische oder andere Möbelstücke als Hilfsmittel genutzt. Nur wenige greifen in solch alltäglichen Situationen auf Trittleitern zurück, die für solche Arbeiten vorgesehen sind.
In der Arbeit wurden neue konzeptuelle Ansätze realisiert, die konventionelle Handlungsabläufe hinterfragen. Aus dem Prozess heraus sind drei Tritt-Entwürfe entstanden, die jeweils unterschiedliche Stärken aufweisen. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, dass der jeweilige Tritt schnell, einfach und vielseitig nutzbar, leicht zu verstauen und somit und gut in den Alltag integrierbar ist. Darüber hinaus sollte die erhöhte Plattform ein starkes Sicherheitsgefühl vermitteln, zugleich aber ein geringes Eigengewicht aufweisen, um mobil einsetzbar zu sein.
Unweiß
„Unweiß“ entstand auf Grundlage der Frage: Kann Gestaltung durch ein Umdenken hinsichtlich ästhetischer Konventionen nachhaltiger werden? Porzellan ist zunehmend mit Eisen verunreinigt. Beim Brand wird deswegen zusätzliches Gas in den Ofen geleitet, damit das Eisen nicht oxidiert und das Porzellan strahlend weiß aus dem Ofen kommt. Die Verunreinigung existiert nur, weil die Ressourcen reinen Kaolins langsam erschöpft sind.
Ist das nicht Anlass genug, einen verantwortungsvolleren Umgang mit Porzellan anzustoßen und weniger weißes Porzellan zu produzieren? Warum sind unsere gesellschaftlich bedingten Ästhetik-Präferenzen wichtiger als unsere Umwelt? „Unweiß“ spielt mit dem Narrativ, wie Porzellan aussähe, wenn auf den massiven Mehraufwand an Energie verzichtet würde, der nötig ist, um reinweißes Porzellan zu produzieren. Auf diese Weise ist „Unweiß“ ästhetisch ungehorsam. „Unweiß“ zeigt auf, dass Subtilität auch eine Chance auf Veränderung birgt.