BLACK LIQUOR

Esther Kaya Stögerer in Kooperation mit dem Produktdesigner Jannis Kempkens

Februar / February - 2020

Kunsthochschule Weissensee

Bachelor of Arts

Kurzbeschreibung

Black Liquor stellt nachhaltige Materialien aus den Abfallstoffen der Papierindustrie her. Das Lignin der “Schwarzlauge” wird genutzt, um biologisch abbaubare Materialien zu entwickeln, die als Alternative für ökologisch bedenkliche Kunststoffe dienen können. In Deutschland wird 98% der anfallenden Schwarzlauge verbrannt, was ca. 50 Millionen Tonnen pro Jahr bedeutet. Dabei enthält das Nebenprodukt der Papierindustrie ein vielversprechendes Biopolymer: Lignin. Das zweithäufigste Biopolymer der Erde könnte schließlich eine wichtige Rolle in der Entwicklung weg von erdöl- und hin zu biobasierten Stoffen spielen.

Was ist das Thema?

In Black Liquor geht es um die Entwicklung kreislauffähiger Materialien und deren Gestaltung auf der Basis von Lignin. Ein Großteil der Materialien, mit denen wir uns heutzutage umgeben, sind weder gesundheitlich oder ökologisch verträglich, noch kreislauffähig. Ganz im Gegenteil: allein in Deutschland werden jährlich 8 Millionen Tonnen ungewollter Möbel verbrannt und die Ausdünstungen unserer Einrichtungsgegenstände führen dazu, dass Menschen unter Krankheiten wie dem sog. “Sick-Building-Syndrom” leiden. Darüber hinaus stellt uns die fehlende biologische Abbaubarkeit der vorherrschenden Materialien vor global immer größer werdenden Müllberge und die erdölbasierte Herstellung vieler Stoffe sorgen für schnell steigende CO2 Emissionen. Black Liquor bietet deshalb harmlose Materialien, die diese Stoffe ersetzen, aus einem nachwachsenden biologischen Rohstoff gewonnen werden und größtenteils auf industriellen Nebenprodukten basieren. So tragen diese Materialien dazu bei, ungenutzte Rohstoffquellen in neue Materialkreisläufe zu überführen und unnötige CO2 Emissionen zu verhindern.

Warum sieht es so aus?

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer WKI wurde eine ganze Reihe an Materialeigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten der Schwarzlauge untersucht: Feste Plattenwerkstoffe für den Möbelbau, aber auch flexible Lederalternativen für die Modeindustrie. Die entstandenen Materialien sind alle in unterschiedlichen, schwarzbraunen Tönen vorhanden, da Lignin eine sehr dunkle, schwarzbraune Färbung aufweist.

Was ist das Besondere?

Das besondere an diesem Projekt ist die Ausarbeitung und Darstellung, wie vielseitig die Schwarzlauge eingesetzt werden kann und was für enorme ungenutzte Potentiale vorhanden sind. Daraus ergeben sich viele neue Anwendungsmöglichkeiten in diversen Bereichen. Die entwickelten Material Samples von uns heißen “Happy Stuff”. Das entwickelte “Happy Flex” zum Beispiel funktioniert gut als Ersatz für tierisches Leder oder erdölbasiertes Kunstleder. Es ist flexibel, stabil, lässt sich schneiden und vernähen, ist wasserabweisend und entwickelt während der Benutzung sogar die für Leder typische Patina. Die Materialien der “Happy Hard” Serie wiederum können als Alternativen zu herkömmlichen Plattenwerkstoffen wie Span- oder MDF-Platten genutzt werden. Da Lignin eine hydrophobe sowie UV- und sichtbares Licht absorbierende Eigenschaft aufweist lässt es sich auch als Textilbeschichtung (“Happy Tex”) einsetzen. Und am Ende ihrer Lebenszyklen können alle Black Liquor-Produkte entweder rezykliert oder biologisch abgebaut werden. Und um das sicherzustellen, wird im nächsten Schritt die Kompostierbarkeit der Materialien getestet und wissenschaftlich bestätigt.

Was ist neu?

In einem Prozess aus experimenteller Designforschung und wissenschaftlichen Ansätzen sind neuartige und vielversprechende Materialien entstanden, die schadstofffrei, und somit nicht gesundheitsschädlich in der Herstellung und Verarbeitung, biobasiert und kreislauffähig sind. So sind Black Liquor Materialien im Vergleich zu herkömmlichen Kompositmaterialien deutlich nachhaltiger, da ein hoher Materialanteil aus Abfallstoffen und nachwachsenden Rohstoffen besteht. Außerdem haben wir einen besonderen Fokus darauf gelegt, unsere Materialien schadstofffrei zu gestalten, damit sie in jedem Entsorgungsszenario möglichst umweltverträglich sind. Black Liquor wendet sich außerdem an vier Zielgruppen: Endverbraucher*innen & Produkthersteller*innen, Materialforscher*innen & Designer*innen. Die Entwicklung einer Materialbibliothek schafft so interessierten Forscher*innen und Designer*innen Zugang zu unseren Experimenten und Ergebnissen. Sie besteht aus einem umfangreichen Archiv und einem Katalog. So wollen wir Möglichkeit geben, unsere Ergebnisse für zukünftige Materialentwicklungen auf Basis von Lignin zu nutzen und auf unsere Forschung aufzubauen. Im Aufbau befindet sich außerdem gerade eine Website zu Black Liquor, auf der alles digital und über Filmmaterial zugänglich gemacht wird. Gleichermaßen wird die Materialforschung, deren Kreisläufe, Information und Wissen über die Schwarzlauge sowie auch die Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen und Designer*innen thematisiert. Die Kommunikation nach außen empfinden wir in diesem Projekt als besonders wichtig, weil wir über die entstandenen Materialien bzw. Prototypen und Produkte komplexe Themenbereiche gut zugänglich machen können. Das Interessante für Produkthersteller*innen und Endverbraucher*innen ist, dass sie so neben nachhaltigen Produkten aus neuen Materialien auch Einblicke in die gesamte Materialentwicklung und Entstehungsgeschichte von “Happy Stuff” bekommen.