Schnick-Schnacken

Mara Vöcking & Jelena Maschke

September / September - 2019

Folkwang Universität der Künste Essen

Bachelor of Arts

Kurzbeschreibung

Schnick Schnacken ist ein partizipativ gestalteter Marktstand, der Menschen mit Demenz, die im privathäuslichen Bereich oder einer Demenz WG isoliert leben, ein aktivierendes Einkaufserlebnis und Kommunikation mit z.B. Nachbar*innen oder Passant*innen im direkten Umfeld ihrer Wohnung schafft und somit eine gesellschaftliche Teilhabe fördert.

Was ist das Thema?

Einen Großteil ihres restlichen Lebens verbringen Menschen mit Demenz weiterhin zu Hause oder leben zunehmend häufiger auch in Demenz-WGs. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wird mit zunehmender Symptomatik der Demenz allerdings immer komplizierter und die Menschen isolieren sich und entwickeln oft verschiedene Ängste. Dadurch wird der Verlauf der Krankheit negativ beeinflusst, es fehlen aktivierende und Mut machende Alltagsstrukturen, Ansprache, Stimulation und das Gefühl für Alltagskompetenz. Einkaufen ist eine verinnerlichte Tätigkeit, die sehr lange noch größtenteils autonom von Menschen mit Demenz ausgeübt werden kann und dennoch nicht mehr praktiziert wird. Scham, Angst, längere Wegstrecken und andere Gefahren im Straßenverkehr verhindern den Gang zum (Super-)Markt.

Warum sieht es so aus?

Der Marktstand "Schnick Schnacken" wurde in einem partizipativ-gestalterischen Prozess gemeinsam mit 12 Personen einer Demenz WG entwickelt. In wöchentlich stattfindenden Einkaufssituationen, wurden verschiedene Versionen von mobilen, leicht für Betreuungspersonen nutzbaren Marktständen gestaltet und optimiert. Wichtige Anforderungen waren vor allem barrierefreies Einkaufen als freudvolles, kommunikatives Erlebnis mit einer speziellen Auswahl an inszenierten Waren und ein schnelles Auf- und Abbauen und Verstauen des mobilen Marktstandes durch Betreuungspersonen o.A.

Was ist das Besondere?

Menschen mit Demenz trauen sich oft nicht aus ihren eigenen sicheren vier Wänden heraus in die Öffentlichkeit. Die Umgebung ist für sie sehr überfordernd und macht ihnen Angst. Dennoch ist Einkaufen ein elementares Bedürfnis und bringt viel Abwechslung und Freude. Der Einkaufsstand, der ortsnah vor dem Haus in Einfahrt oder im Vorgarten aufgebaut werden kann, motiviert die Bewohner*innen wieder aus dem Haus zu gehen und sich ins alltägliche Leben außerhalb der WG zu wagen. Sie können hier das Einkaufen „üben", auf Nachbar*innen treffen und ins Gespräch kommen. So entstehen spontane Kontakte zwischen Nachbar*innen und Passant*innen mit und ohne Demenz und Hemmungen auf beiden Seiten werden abgebaut. Das Einkaufen stärkt Menschen mit Demenz in ihrem Sicherheits- und ihrem Kompetenzempfinden, sodass im bestmöglichen Fall die Hürde, selbstständig zum örtlichen Supermarkt zu laufen, sogar verringert werden kann.

Was ist neu?

Deutschlandweit wird sich die Zahl der Demenzerkrankten bis zum Jahr 2050 vermutlich verdoppeln und auf ca. 3 Millionen belaufen. Erkrankte verlieren unter anderem ihre kognitiven Fähigkeiten und die Fähigkeit der (verbalen) Kommunikation im Verlauf der Erkrankung. Es gibt aktuell nur Therapiemöglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität. Eine Heilung der Erkrankung gibt es nicht. Ein wichtiger Teil der Therapie ist, die mentale und körperliche Aktivierung, die den Verlauf positiv beeinflussen kann. Gesellschaftliche Teilhabe, Kommunikation und das Erleben von Autonomie ist für die Erkrankten von besonderer Bedeutung. Der Marktstand ermöglicht Menschen mit Demenz ihre Alltagskompetenzen zu trainieren und trägt zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Bei dem Projekt ´Schnick Schnacken` sind alle „Eigenheiten“, die die Demenz mit sich führt, erlaubt: so muss es möglich sein, dass ein Kunde vergisst zu zahlen, oder wenn mal ein Bonbon probiert wird, ist dies auch kein Problem. An diesem Kiosk werden nicht die Schwächen, sondern die Fähigkeiten, die die Senior*innen besitzen, betont. Durch die positive Atmosphäre entstehen kleine Gespräche bei einer Limonade zwischen den Erkrankten und den orientierten Nachbar*innen und Passant*innen. Dieses simple Erlebnis erreicht bei den Bewohner*innen eine so große Bedeutung, dass sie sich noch sehr lange daran erinnern.